Mandar Phadnis
Privat
Die Pension auf dem Campus der Universität Oldenburg, in der sich Mandar Phadnis Mietwohnung befand
“Mein viermonatiger Forschungsaufenthalt an der Universität Oldenburg in Deutschland war ein prägendes Erlebnis, das mich nicht nur beruflich als Wissenschaftler bereichert hat, sondern auch als Person. In eine andere Kultur einzutauchen eröffnete mir neue Perspektiven und erweiterte meinen Horizont, sodass ich die Welt nun durch eine vielfältigere Brille sehen kann. Durch diese Chance gewann ich unbezahlbare praktische Erfahrung, die es mir ermöglicht hat, meine Forschung auf existierende Hardware anzuwenden und ihre Leistung zu validieren. Die praktischen Einsichten, die ich während dieser Zeit erhielt, waren von unschätzbarem Wert, genau wie die vielen Kontakte, die ich knüpfen konnte und auch in Zukunft noch lange pflegen werde. Nichts hiervon wäre ohne die großzügige Unterstützung der DAAD-Stiftung möglich gewesen, deren Förderung diesen außergewöhnlichen Weg hin zu meinem beruflichen wie persönlichen Wachstum Realität werden ließ.“
Mandar Phadnis ist Doktorand an der University of Colorado Boulder in Colorado, Vereinigte Staaten. Dank des durch die KSB Stiftung finanzierten DAAD-Stiftung-Stipendiums konnte er experimentelle Forschung am ForWind-Zentrum für Windenergieforschung der Universität Oldenburg in Deutschland betreiben.
Im Folgenden beschreibt er seine Erfahrung mit der Forschung und dem Alltag in Deutschland:
Wir müssen schleunigst von den fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umsteigen, wenn man sich die immer drastischeren Auswirkungen des Klimawandels ansieht. Die Windenergie bietet als saubere und nachhaltige Alternative einen vielversprechenden Lösungsansatz zur Verringerung der Schadstoffemissionen aus der Nutzung von Öl- und Gasquellen.
Während das rasante Wachstum des Windenergiesektors ihr Potenzial bekräftigt, bleibt die Windenergie ein lebendiges Forschungsgebiet angetrieben von der nach wie vor bestehenden Erfordernis, die Stromerzeugung weiterzuentwickeln und ihre Kosten zu reduzieren. Indem wir die Windenergietechnik und -effizienz verbessern, können wir den notwendigen Übergang in eine grünere Zukunft beschleunigen.

Privat
Der experimentelle Testaufbau im Windkanal des ForWind-Zentrums mit der maßstabsgetreuen Windturbine und dem aktiven Netz
Meine Forschung als Doktorand an der University of Colorado Boulder (CU) konzentriert sich auf die Entwicklung von Regelstrategien für neuartige Windturbinensysteme, um die Grenzen der aktuellen Technologien auf dem Gebiet der Windenergie auszudehnen. Dabei war ich vor allem an der Entwicklung von Regeleinheiten für Windturbinen extremer Größenordnungen und schwimmende Offshore-Windturbinen beteiligt. Im Rahmen meiner Forschung betrachtete ich eine Windturbinenregelstrategie, mit der sich bevorstehende Windstöße vorhersagen lassen und die Windturbine vor übermäßigen Beanspruchungen geschützt werden kann.
Eine verringerte strukturelle Belastung kann die Wartungskosten senken und die Lebensdauer der Turbine verlängern. Mit dieser Strategie, die erstmals von Dr. Dan Zalkind vorgestellt wurde, lässt sich außerdem die Stromerzeugung bei schwächeren Winden steigern. Das ForWind-Zentrum für Windenergieforschung der Universität Oldenburg verfügt über einen hochmodernen Windkanal mit einem aktiven Netz, mit dem sich wiederholte realitätsgetreue Windbedingungen simulieren lassen.
Zudem beherbergt es eine maßstabsgetreue Windturbine, die ,Modell-Windturbine Oldenburg (MoWiTO)‘, die mit fortschrittlichen Betätigungs- und Sensorfunktionen ausgestattet sind. Diese hochentwickelte Windforschungseinrichtung gab mir die Möglichkeit, unsere Regelstrategie in der Windkanaleinrichtung im ForWind-Zentrum unter realistischen Windbedingungen an einer Modellwindturbine zu testen.

Privat
Die Universitätsbibliothek, in der Mandar Phadnis gerne nach der Arbeit im Windkanal noch weiterarbeitete
Meine Betreuerin an der CU, Professor Lucy Pao, forscht bereits seit langer Zeit erfolgreich mit Professor Martin Kühn und Dr. Vlaho Petrović im ForWind-Zentrum. Über die Jahre haben viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unserem Labor das ForWind-Zentrum zur Forschung besucht. Professor Kühn lud mich nach Oldenburg ein, um im Windkanal des ForWind-Zentrums experimentelle Forschung zu betreiben.
Deshalb bewarb ich mich über das DAAD-Portal um ein kurzfristiges Forschungsstipendium. Der Bewerbungsprozess war schnell und unkompliziert und ich war überaus dankbar, als ich von der DAAD-Stiftung ein Stipendium für einen viermonatigen Aufenthalt von Mitte Dezember 2023 bis Mitte April 2024 erhielt. Meine Betreuerin von der CU war während eines Teils meiner Aufenthaltsdauer in Delmenhorst, was uns allen ein persönliches Treffen im ForWind-Zentrum ermöglichte, um meinen Forschungsplan während der entscheidenden ersten Wochen zu koordinieren.
Während meines Forschungsaufenthalts hatte ich die Chance, sehr eng mit Professor Kühn und seinem wundervollen Forschungsteam zusammenzuarbeiten, meine Arbeit in deren Gruppe zu präsentieren und Einblicke in die richtungsweisende Forschung im ForWind-Zentrum zu gewinnen.

Privat
Blick aus dem Büro an einem warmen Wintermorgen
Die Vorbereitungen für meine Reise nach Deutschland begannen bereits einige Monate im Voraus. Als indischer Staatsbürger und internationaler Student in den Vereinigten Staaten benötigte ich ein deutsches Visum, um für meinen Aufenthaltszeitraum in Deutschland bleiben zu dürfen. Die DAAD-Stiftung war überaus gründlich und hilfsbereit und stellte sämtliche Dokumente zur Verfügung, die ich für mein Visumsbefragung im deutschen Konsulat in Los Angeles benötigte.
Die Befragung erwies sich als überaus positive Erfahrung, zumal ich durch die DAAD-Stiftung gefördert wurde und mein Visum innerhalb weniger Wochen erhielt. Ich begann noch in den Vereinigten Staaten, mich nach Wohnungen in Oldenburg umzusehen, doch das erwies sich schon bald als komplizierter als erwartet. Meine Betreuerin wendete sich an das ForWind-Zentrum und ich wurde glücklicherweise mit dem Leiter einer Pension direkt auf dem Campus der Universität Oldenburg in Verbindung gesetzt.
Mir wurde eine Wohnung in der Pension angeboten, die mir ab Januar 2024 für den Rest meines Aufenthalts zur Verfügung stand. Ich zögerte keinen Augenblick und unterzeichnete den Vertrag. Danach musste ich mich also nur noch um eine Unterkunft für einen Teil des Dezembers kümmern.

Lucy Pao
Gruppenfoto mit dem ForWind-Forschungsteam auf dem Oldenburger Weihnachtsmarkt
Ich kam am 10. Dezember in Oldenburg an und mietete für eine Woche ein Airbnb in der Stadt. Es lag nur angenehme 30 Minuten zu Fuß vom ForWind-Zentrum entfernt. Im Vergleich zu Colorado war der milde deutsche Winter eine willkommene Abwechslung und ich ging gerne zu Fuß zur Arbeit, obwohl es mehrere Busverbindungen gab. An meinem ersten Tag im ForWind-Zentrum wurde ich von meinen Gastgebern, Professor Kühn und Dr. Vlaho Petrović, willkommen geheißen.
Vlaho wies mir ein Büro im selben Stockwerk zu, in dem auch die Forschungsgruppe arbeitete. In dem Büro gab es zwei große Schreibtische und ein riesiges Fenster. Meine Betreuerin war ebenfalls im ForWind-Zentrum zu Besuch und stellte mich vielen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Stockwerke des Forschungsgebäudes vor.
Ich wurde außerdem in der Einrichtung herumgeführt und durfte einen Blick in den Windkanal werfen, in dem schließlich mein Forschungsexperiment stattfinden würde. Ich verbrachte meine erste Woche damit, die Menschen kennenzulernen, Treffen der Forschungsgruppe beizuwohnen und mit der Gruppe in der Universitätsmensa zu Mittag zu essen, um authentische deutsche Gerichte zu genießen.
Die Mittagessen in der Gruppe waren eine großartige Gelegenheit, andere Forschende im ForWind-Zentrum kennenzulernen, ihre Arbeit zu verstehen, engere Kontakte zu knüpfen und Ratschläge von zu erhalten, um meinen Aufenthalt noch schöner zu gestalten. Ich fühlte mich wirklich herzlich willkommen und als Teil der Gruppe und ich konnte mich trotz der Sprachbarriere im Handumdrehen anpassen und an ihren Unterhaltungen und Tätigkeiten teilhaben.

Privat
Das Lieblingscafé, die täglich genutzte Bushaltestelle sowie ein Bild von Mandar Phadnis auf dem Oldenburger Weihnachtsmarkt
Da der Dezember in Deutschland ein festlicher Monat ist, empfahlen mir viele Leute, durch das Land zu ziehen und die Weihnachtsmärkte zu erleben. Meine Freundin beschloss, sich mir über Weihnachten und Neujahr anzuschließen. Wir wohnten die ersten paar Tage in einem Hotel am Bremer Hauptbahnhof. Ich fuhr jeden Tag eine Stunde lang mit einer praktischen und dank des Deutschland-Passes auch kostengünstigen Zugverbindung nach Oldenburg zur Arbeit.
Während dieser Zeit erkundeten wir die wundervollen Weihnachtsmärkte in Oldenburg, Bremen und Hamburg und genossen warmen Glühwein mit Brötchen bei kaltem Wetter. Wir besuchten Parks, Kathedralen, Stadtzentren und Einkaufszentren. Wir waren angenehm überrascht, wie viele Menschen draußen im Freien feierten, wie auch von den Dekorationen, der Größe und des Ausmaßes der Weihnachtsmärkte und der festlichen Atmosphäre.
Darüber hinaus mieteten wir ein Auto und fuhren für ein paar Tage nach Berlin, um die vielfältige Kultur und Geschichte der Stadt zu entdecken und die internationale Küche zu genießen. Die letzten Tage unseres Ausflugs verbrachten wir in den Niederlanden, wo wir Delft, Rotterdam und Den Haag besuchten und den Neujahrsabend in Amsterdam mit Feuerwerk überall in der Stadt erlebten.

Privat
Mandar Phadnis samt Freundin auf Entdeckungsreise in Deutschland und den Niederlanden
Nach der Reise war es an der Zeit, mich meiner Forschung zuzuwenden. Ich begann damit, indem ich mithilfe eines Simulationsmodells der maßstabsgetreuen Windturbine (MoWiTO) aus dem Windkanal die Regeleinheit einrichtete und einstellte, die ich während des Experiments testen wollte. Ich nutzte die Matlab- und Simulink-Software von Mathworks, um die Regeleinheit zu kodieren und in das in OpenFAST erstellte Simulationsmodell zu integrieren.
Mithilfe von Daten aus vorherigen Windkanalversuchen behob ich Diskrepanzen zwischen dem Simulationsmodell und der Windturbine, um die Wahrscheinlichkeit unvorhergesehenen Verhaltens während der Versuchsphase zu verringern. Die Hardware im Windkanal vertrug sich nicht mit Matlab und Simulink, die ich üblicherweise für meine Simulationen nutze, aber dafür mit einer Software namens LabView des Entwicklers National Instruments. Also bestand der nächste Schritt darin, die finale Konstruktion der Regeleinheit aus Matlab/Simulink in LabView zu übertragen.
Der Umgang mit LabView erfordert eine Menge Übung, aber mit dem hervorragenden Mentorat von Vlaho, dem hauseigenen LabView-Experten des ForWind-Zentrums, und vielen Stunden des Lesens von Dokumentationen und Anleitungen konnte ich die Regeleinheit in LabView zum Laufen bringen. Ich arbeitete mit Vlaho zusammen, um die böigen Windsequenzen darzustellen, die ich zum Testen der Regeleinheit im Windkanal benötigen würde, und die Turbulenzexperten des ForWind-Zentrums konnten diese dann herstellen, sodass ich nun endlich bereit für das Kanalexperiment war.
Für experimentelle Tests müssen Termine für die Nutzung des Windkanals vorgemerkt werden. Mir wurde zur Durchführung meines Versuchs eine Woche im Windkanal zugeteilt. Die Zeit der Tests im Windkanal war meine aufregendste Woche im ForWind-Zentrum. Wir verbrachten lange, nervenaufreibende Stunden – manchmal fast bis Mitternacht – damit, unseren Versuchsaufbau und den Standort der Windturbine zu vereinbaren, die Sensoren zu kalibrieren und die Hardware zu testen. Das war meine allererste Erfahrung mit der Arbeit mit Windturbinen- und -kanalhardware und ich lernte Vieles über die Herausforderungen und Komplexität beim Erstellen eines realitätsgetreuen Szenarios in einem Laborrahmen.
Nach jeder Menge Probeläufen, Fehlersuchen und Störungsbehebungen waren wir in der Lage, die Experimente erfolgreich durchzuführen. Die Ergebnisse des Kanalversuchs validierten meine Regelstrategie, die in kommerziellen Windturbinen zum Einsatz gebracht werden könnte, um ihren Stromertrag ohne das Risiko einer Überdrehzahlabschaltung zu steigern. Das war eine der lohnendsten Erfahrungen während meiner Zeit in Deutschland.

Privat
Der letzte Tag in der Pensionswohnung. Mit gepacktem Gepäck an seinem allerletzten Tag in Deutschland nach, wie er selber sagte, vier Monaten voller wundervoller Erinnerungen!
Nach Abschluss des Versuchs hatte ich außerdem die Gelegenheit, Forschungsgruppen an nahegelegenen Universitäten zu besuchen und einer Konferenz über Regelsysteme beizuwohnen, um dort meine Forschung zu präsentieren. Dabei besuchte ich insbesondere die TU Delft in den Niederlanden, wo ich Windenergieforschende zu Einzelgesprächen traf und von ihnen durch ihre Laboreinrichtungen geführt wurde. Danach besuchte ich das Benelux Meeting on Systems and Control in Blankenberge, Belgien, um meine Forschung einem europäischen Publikum vorzustellen.
Abseits meiner Arbeit verbrachte ich meine Freizeit in der Sporthalle, mit langen Fahrradausflügen in Nachbarstädte und am Wochenende auch mit Morgenläufen. Meine Kolleginnen und Kollegen vom ForWind-Zentrum luden mich oft dazu ein, ihnen beim Indoor-Bouldern Gesellschaft zu leisten, was ich zuvor noch kaum ausprobiert hatte. Anfangs war ich zögerlich, doch mir wurde schon bald klar, wie viel Spaß ich daran hatte, und ich gehe selbst jetzt nach meiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten noch regelmäßig bouldern.
Dieser herausfordernde Sport ist zu einem neuen Hobby für mich geworden und ich bin meinen Kolleginnen und Kollegen dankbar dafür, dass sie mich damit vertraut gemacht haben. Sie nahmen mich außerdem oft zu Gruppenabendessen in den besten Restaurants im Umkreis von Oldenburg und Bremen sowie zur traditionellen örtlichen Kohlfahrt mit.
Dadurch wurde mir die Chance geboten, die gesamte kulinarische Vielfalt zu erleben, die Deutschland zu bieten hatte. Während ich nicht viel mehr Deutsch als ein paar grundlegende Ausdrücke aufgreifen konnte, habe ich mir seit meiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten mehr als einmal Grünkohl und Glühwein zum Abendessen zubereitet. Ich werde die Erinnerungen und Kontakte aus meiner Zeit in Deutschland noch lange pflegen.
Alles in Allem war mein viermonatiger Forschungsaufenthalt eine bereichernde und prägende Erfahrung. Ich möchte meinen Gastgebern, Professor Martin Kühn und Dr. Vlaho Petrović vom ForWind-Zentrum für Windenergieforschung, und meiner Betreuerin, Professor Lucy Pao, dafür danken, dass sie mir diesen Besuch ermöglichten. Ich bin der KSB-Stiftung zutiefst dankbar für ihre großzügige Förderung, die maßgeblich für diesen Forschungsaufenthalt war.
Durch sie durfte ich eine andere Kultur mit einer vielfältigen Geschichte und Lebensweise kennenlernen. Ich möchte allen Mitgliedern der DAAD-Stiftung und insbesondere Stefanie Lohmann für ihre Unterstützung und ihre Beratung während dieses ganzen Prozesses danken, die meinen Aufenthalt zu großem Erfolg führten.
Stand: August 2024. Die englische Version ist das Original.