Ethan Conrad

Privat

Ethan Conrad an der Siegessäule und bei einem Experiment

Es ist mir eine große Ehre, mit dem Respekt & Wertschätzung Stipendium der
DAAD-Stiftung ausgezeichnet worden zu sein. Das Stipendium gab mir die Möglichkeit, in Deutschland zu forschen und dabei bereichernde interkulturelle Erfahrungen zu sammeln, die ich für den Rest meines Lebens in Erinnerung behalten werde.

Ethan Conrad kam durch ein Respekt & Wertschätzung Stipendium der DAAD-Stiftung zum Forschen an das GeoForschungsZentrum in Potsdam und führte dort zusammen mit Kolleginnen und Kollegen wichtige geologische Experimente durch. Gleichzeitig konnte er durch die Nähe zu Berlin das Leben in einer deutschen Großstadt kennenlernen.

Nachfolgend berichtet er von seiner Forschung und seinem Leben in Berlin:

Im zurückliegenden Sommer schloss ich einen Forschungsaufenthalt am GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam unter Prof. Claudio Faccenna ab. Der Aufenthalt war eine inspirierende Erfahrung, bei der ich signifikante Fortschritte hinsichtlich meiner Forschungsziele erreicht, von anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelernt, Freundschaften und kollegiale Verbindungen geschlossen, Lebenserfahrungen gesammelt, andere Länder bereist sowie mehr über die deutsche und Berliner Kultur gelernt habe. Besonders dankbar bin ich Dr. Michael Even für die Unterstützung bei der Förderung und der DAAD-Stiftung für die Vergabe des Stipendiums, das es mir ermöglicht hat, in Berlin zu leben und zu arbeiten.

Forschungsprojekt

Den Anstoß für das Projekt gab die Notwendigkeit, die Beziehung zwischen klimatischen und tektonischen Kräften bei der Gebirgsbildung an geneigten Plattenrändern einzugrenzen. 80 % der tektonischen Grenzen weltweit sind geneigte Plattenränder oder -grenzen, die mit Gefahren wie Erdbeben und Erdrutschen in Zusammenhang stehen. Sie stellen zudem Zonen konzentrierter Verformung und klastischer Sedimentation dar und werden mit Hochtemperatur-Plattengrenzen assoziiert. Diese Eigenschaften sind hilfreich bei vielen industriellen oder rohstofferkundenden Anwendungen. Das Projekt, das ich am GFZ durchgeführt habe, diente der Untersuchung der Landschaftsentwicklung in transpressionalen Systemen mittels eines integrierten Ansatzes, der die Ergebnisse erosionstektonischer Sandbox-Modelle mit natürlichen Daten verschmolz. Für dieses Projekt habe ich diese drei Hauptforschungsfragen formuliert:

1) Wie wirkt sich die Balance zwischen Klima und Tektonik auf die Verformungsaufteilung in transpressionalen Systemen aus?

2) Wie reagieren die Topografie und die Gesteinshebungs- und Exhumationsrate auf tektonische und klimatische Triebkräfte in tropischen Systemen?

3) Welche Verbindungen gibt es zwischen der Entstehung von Fluss- und Verwerfungsnetzen?

Zur Beantwortung dieser Fragestellungen habe ich einen dreifachen Ansatz gewählt, bestehend aus einer Sandbox-Modellierung der Erosion (Abbildung oben), der Analyse und Synthetisierung von Felddaten sowie der Anwendung von Ergebnissen zum Verständnis natürlicher Systeme. Am GFZ habe ich experimentell gewonnene Daten aus Höhenmodellen und Fotografien verarbeitet und analysiert. Außerdem habe ich ein Manuskript erstellt, das die Untersuchung ausführlich darstellt, einschließlich der während meines Aufenthalts abgeschlossenen Analyse, Synthese und Vergleichskomponenten.

Arbeitsumgebung

Die Sektion 4.1 „Dynamik der Lithosphäre“ am GeoForschungsZentrum, an der ich tätig war, bot eine angenehme Atmosphäre und die nötigen Kooperationsmöglichkeiten zum Erreichen der primären Projektziele. Während meines gesamten Aufenthalts hatte ich die Möglichkeit, drei sektionale Forschungspräsentationen durchzuführen und dabei Feedback von Wissenschaftler:innen und anderen Doktorand:innen aus der Sektion einzuholen. Das hohe Niveau, die anhaltend hohe Motivation und die Neugier der Doktorandinnen und Doktoranden am GFZ haben mich sehr beeindruckt.

Conrad Collage Denkmäler

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links: Im Volkspark Friedrichshain; rechts: Am Schiller-Denkmal

Außerdem hat mich gefreut, dass die Doktorand:innen und ihre Professor:innen diverse Hintergründe hatten, die in der Wissenschaft oft unterrepräsentiert sind. Dies zeigt sich an den Herkunftsländern der zwölf Forschenden und sieben Doktorand:innen: Mehr als die Hälfte davon kamen aus anderen Ländern wie Chile, dem Iran, der Schweiz, Russland und Italien. In dieser herausragenden, divers zusammengesetzten Forschungsumgebung konnte ich wissenschaftliche Themen frei und auf hohem Niveau diskutieren, um Ideen zu generieren und weiterzuentwickeln. Die Präsentationen und sonstigen Interaktionen halfen mir, mich tiefer in das Projekt einzudenken und Ideen zu formulieren, die für die Untersuchung wesentlich wurden. Auch die Zusammenarbeit mit dem Sektionsleiter Claudio Faccenna, einem renommierten Strukturgeologen und Geodynamiker, war hinsichtlich des Mentorings und der wissenschaftlichen Fortschritte sehr fruchtbar. Prof. Faccenna leitete das Projekt und gab wichtige kritische Hinweise zu dem von mir ausgearbeiteten Projektmanuskript.

Forschungsprodukte

Endprodukte dieser Untersuchung sind ein umfangreicher experimenteller Datensatz und ein langer Artikel, der bei der Fachzeitschrift „Tectonics“ der American Geophysical Union eingereicht werden soll. Der Artikel geht ausführlich auf jede der Forschungskomponenten ein und setzt sie in Bezug zur aktuellen Literatur zu den Themen Modellierung und Tektonik. Wir beabsichtigen, den Artikel bis zum Jahresende einzureichen. Während meines Aufenthalts erstellte ich noch ein weiteres Manuskript zur Reibung entlang von Verwerfungen und zu den Auswirkungen von Schmelzvorgängen. Durch den Austausch mit Seismologinnen und Seismologen am GFZ wurde das Manuskript deutlich verbessert. Darüber hinaus absolvierte ich in meiner Zeit in Deutschland ein Remote-Mentoringprogramm mit einem Studenten in den USA, der aus einer unterrepräsentierten Gruppe stammt. Die Ratschläge, die ich als Mentee von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am GFZ, einschließlich Prof. Faccenna erhielt, waren ausgesprochen hilfreich.

Zukünftige Vorhaben

Das am GFZ durchgeführte Projekt ist ein wesentlicher Bestandteil meiner Promotion. So wird das Manuskript, das ich ausgearbeitet habe, als zweites Kapitel in meine Dissertation einfließen. Die Feldforschung im Rahmen meiner Dissertation wird durch den Vergleich der Modelle mit natürlichen Systemen und weitere, bislang unveröffentlichte Analysen ergänzt. Grundlage des ersten Kapitels wird mein Artikel zur Reibung entlang von Verwerfungen. Nach meiner Promotion strebe ich eine Postdoc-Stelle am GFZ an. In dieser Position möchte ich mich mit analoger Modellierung beschäftigen und dazu beitragen, die Einrichtung einer neuen, integrierten Regen-Tektonik-Versuchsapparatur im GFZ-Analoglabor fertigzustellen. Mein finales Ziel ist es, eine akademische Laufbahn einzuschlagen, in der ich von meinen Lernerfahrungen am GFZ profitieren kann.

Abschließende Bemerkungen

Aus meiner US-amerikanischen Perspektive habe ich meinen Alltag in Deutschland als sehr bereichernd und angenehm empfunden. Ich bin gerne mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit gefahren. Auch die im Vergleich zu wissenschaftlichen Einrichtungen in den USA klarere Trennung zwischen Berufs- und Privatleben hat mir sehr gefallen. So konnte ich mich meinen Hobbys und Freizeitinteressen widmen, wie Musik, Laufen, Tennis oder Radtouren, um die Stadt kennenzulernen und Freunde zu treffen. Überrascht hat mich, wie viele Menschen in Berlin Englisch sprechen, und das mit großer Bereitwilligkeit. Dadurch habe ich mich in vielen Berliner Geschäften und Restaurants willkommen gefühlt.

Conrad Collage Wohnung

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links: Am Holzmarkt; rechts: In der WG in Berlin-Gesundbrunnen

In meiner Zeit am GFZ habe ich viele Freundschaften geschlossen, am Arbeitsplatz und außerhalb, die sicherlich lange halten werden. Allerdings fiel es mir schwer, Freundschaften mit Deutschen zu schließen. Wahrscheinlich lag es einfach nur daran, dass es in meiner Sektion am GFZ nur wenige deutsche Studierende gab, die mich in ihre privaten Freundeskreise einführen hätten können. Soziale Austauschmöglichkeiten boten dafür gelegentliche Ausflüge und gemeinsame Mahlzeiten mit Prof. Faccenna und seiner Familie, bei der ich eine Zeit lang wohnte, sowie Aktivitäten mit anderen internationalen Studierenden.

Unterm Strich hatte ich großes Glück, in mehreren Wohnungen in Berlin und Potsdam wohnen zu dürfen, sodass ich diese Städte in ihren verschiedenen Facetten kennenlernen konnte. Meine eindrücklichsten Erinnerungen sind: 1) die Zeit, die ich am Berliner Mauerpark ganz in der Nähe meiner letzten Wohnung verbracht habe – oft habe ich dort Bands gelauscht, Flohmärkte besucht und Streetfood genossen (besonders Currywurst) –, und 2) die Nachmittage, die ich mit Kollegen oder Freunden an Seen in der Region verlebt habe.

Stand: November 2022. Die englische Version ist das Original.