Simon Schwarz

CMU

Carnegie Mellon University (CMU)

„Der nächste Kinoabend mit einem Hollywood Blockbuster, die Welt eines atemberaubenden Computerspiels, Computer Aided Design in der Architektur und im Maschinenbau, Visualisierungen von MRT-Scans im Krankenhaus oder die VRBrillen großer Tech-Unternehmen – all dies ist nur möglich dank den Fortschritten in der Computergrafik, dem Teilbereich der Informatik, das sich mit der Verarbeitung von Bildern, Videos und 3D-Modellen beschäftigt. Einer der Orte, an denen motivierte Menschen diesen Fortschritt mit ihren Ideen und Algorithmen vorantreiben, ist das Graphics Lab der Carnegie Mellon University in Pittsburgh (USA). Dank der Förderung des "Knapp Stipendiums" der DAAD-Stiftung konnte ich im zweiten Jahr meiner Promotion dort einen 4-monatigen Forschungsaufenthalt absolvieren.“

Simon Schwarz konnte mithilfe des Knapp Stipendiums der DAAD-Stiftung in den USA forschen.

Im folgenden Bericht schildert er, was genau ein Mathematiker aus dem (zumindest im Vergleich zu Pittsburgh) kleinen und ländlichen Göttingen, der sich vor allem mit stochastischen Prozessen beschäftigt, inmitten von Triangulationen und Punktwolken tut:

Während meiner Zeit in Pittsburgh habe ich mich mit Monte-Carlo Methoden zur numerischen Lösung von Partiellen Differentialgleichungen (PDEs) auf geometrisch komplizierten Gebieten beschäftigt. Solche Differentialgleichungen modellieren beispielsweise physikalische Phänomene, die für eine möglichst realistische Darstellung einer Szene mitberücksichtigt werden müssen. Konventionelle Verfahren zur Lösung von PDEs nutzen dafür eine Diskretisierung des Gebietes. Ist jedoch – wie in der Computergraphik üblich – das Gebiet durch mehrere Millionen Knotenpunkte beschrieben, benötigt alleine die Diskretisierung viele Stunden Rechenzeit und Hunderte Gigabyte an Speicherplatz oder ist teilweise selbst auf modernsten Computern überhaupt nicht durchführbar.

Monte-Carlo Methoden ermöglichen hingegen eine effizientere Berechnung, in diesem Fall durch die Verwendung der Feynman–Kac Formel: Diese beschreibt den Zusammenhang zwischen der zu lösenden partiellen Differentialgleichung und Diffusionsprozessen in dem Gebiet. So ist es möglich, PDEs zu lösen, indem man stochastische Prozesse (ganz ohne Diskretisierung des Gebietes) simuliert.

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Die Pittsburgh Steelers spielen gegen die New England Patriots

Auf einer mathematischen Konferenz, die 2022 in einem kleinen Dorf im Schwarzwald stattfand, diskutierten mein späterer Gastgeber aus Pittsburgh und ich über die Möglichkeiten, Verallgemeinerungen der Feynman–Kac Formel zu nutzen, um Monte-Carlo Methoden für eine größere Klasse von partiellen Differentialgleichungen zu entwickeln – der Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit während meiner Zeit in Pittsburgh.

Durch diese Zusammenarbeit sind wir nun dazu in der Lage, auch zeitabhängige Phänomene mit Hilfe von stochastischen Methoden zu berechnen. Diese Resultate wollen wir zeitnah veröffentlichen, auf noch größere Klassen von PDEs verallgemeinern und bilden eine gute Ergänzung zu den Projekten, an denen ich in meiner Arbeitsgruppe in Deutschland forsche.

Abseits des konkreten Projektes wird jedoch auch die außergewöhnliche Arbeitsatmosphäre am Computer Science Department der Carnegie Mellon University meine weitere akademische Arbeit prägen. Mich hat die Neugier, Offenheit und Kreativität aller graduate students und faculty members sehr beeindruckt. Zudem habe ich den interdisziplinären Austausch zwischen Mathematik und Informatik genossen und dabei viele neue Dinge gelernt, beispielsweise in abwechslungsreichen Kolloquiumsvorträgen der Fakultät und durch lebhafte Diskussionen in den wöchentlichen reading courses, in denen andere graduate students Veröffentlichungen aus ihrem Interessenbereich präsentieren.

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Simon Schwarz im UN-Gebäude in New York

Im Allgemeinen war ich während meiner Zeit in den Vereinigten Statten von vielen netten Menschen umgeben. Zum einen haben mich die fellow students freundlich empfangen und brachten mir auch außerhalb der Bürozeiten die vielen schönen Seiten von Pittsburgh näher. Gerne habe ich mit ihnen Zeit beim Essen von asiatischen Spezialitäten oder dem Lösen von Rätselspielen verbracht.

Erwähnenswert sind aber auch die Angehörigen der lebendigen lutherischen Kirche vor Ort, mit denen ich neben vielen Gottesdiensten sowohl Thanksgiving als auch das Oktoberfest feiern durfte und die zu Freunden wurden.

Neben allem fachlichen Fortschritt hatte ich die Möglichkeit, einige bereichernde Tage in Washington D.C. und New York City zu verbringen. Die Anreise nach D.C. erfolgte – eher untypisch – mit dem Zug, der einmal am Tag Pittsburgh mit der Hauptstadt verbindet.

Dort angekommen erfreute ich mich besonders an Besuchen in Museen der traditionsreichen Smithsonian Institution, etwa dem National Air and Space Museum, das mir die Bedeutung der Luft- und Raumfahrt für die Vereinigten Staaten anschaulich näher brachte, oder dem National Museum of American History, in dem der Star-Spangled Banner zu sehen ist – die Flagge, die in der US-amerikanischen Nationalhymne besungen wird und die Schlacht von Baltimore 1814 überlebte.

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Das Capitol in Washington D.C.

Ebenso besuchte ich in New York City allerlei Museen, Gedenkstätten und Wahrzeichen inmitten von Menschenmassen zwischen Wolkenkratzern und Werbetafeln.

Der Forschungsaufenthalt in den USA hat mir viele neue Perspektiven auf die Mathematik und Informatik ermöglicht, aber auch die Vereinigte Staaten mit ihrer Kultur nähergebracht: Zum Beispiel vermisse ich die freundlichen small talks im Bus oder auf dem Parkplatz des Supermarktes und bin dankbar dafür, Einblicke in die Perspektiven einiger US-Amerikaner auf den bevorstehenden Präsidentschaftswahlkampf und auf die politischen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa erhalten zu können.

Es ist etwas Besonderes für mich, dass ich durch das "Knapp Stipendium" der DAAD-Stiftung die Chance zu diesem Forschungsaufenthalt habe und möchte mich bei Herrn Dr. Knapp dafür herzlich bedanken.

Stand: Februar 2024.