María Florencia Blasina Italiano

Privat

María Italiano verbrachte einen Forschungsaufenthalt in Aachen

"Zusammenfassend kann ich sagen, dass es eine interessante Lebenserfahrung war. Ich möchte mich ein weiteres Mal für die Gelegenheit bedanken, die für mich eine große akademische und persönliche Bereicherung war."

María Florencia Blasina Italiano ist eine Doktorandin aus Uruguay, die dank des Stephan Stipendiums der DAAD-Stiftung nach Deutschland kommen konnte, um dort zu forschen.

Im Folgenden berichtet sie von ihren Höhen und Tiefen, die sie während ihres Aufenthalts erlebt hat:

Als erstes möchte ich mich herzlich bei der DAAD-Stiftung (DASt) für die Gelegenheit dieser spannenden Erfahrung bedanken, die über das Stephan-Stipendium ermöglicht wurde. Ich habe viel gelernt, sowohl im akademischen Sinne als auch für mein Leben.

Der Zeitpunkt (01.09.2020 bis 31.01.2021) war nicht ideal, um alle Möglichkeiten einer solchen Chance nutzen zu können. Aufgrund der Pandemie war es schwierig, Kontakte zu knüpfen, sogar zu meinen Kollegen. Denn es gab sehr wenige Anlässe, Kollegen kennenzulernen, mit denen ich nicht direkt in der Arbeit zu tun hatte. Am besten habe ich Luis kennengelernt, den Wissenschaftler, mit dem ich direkt zusammenarbeitete. Auch die Gruppenleiterin Shima konnte ich kennenlernen sowie Dmitry, Alexander, Arved, Nadhir, Hakon und Sebastian, die ebenfalls zur Gruppe gehörten. Allerdings aß ich mit den meisten dieser Personen nur wenige Male zu Mittag und traf sie ein paar Mal an der Kaffeemaschine: Aufgrund der Pandemie wurde von persönlichen Kontakten abgeraten.

Noch schwieriger war es, andere Menschen an der Universität kennenzulernen. Ich hatte eigentlich vor, mich einem Club an der Universität anzuschließen, aber das war natürlich nicht möglich. Ich finde dennoch, dass das Welcome Center der RWTH Aachen bei der Organisation virtueller Treffen – mal auf Deutsch, mal auf Englisch – eine tolle Arbeit geleistet und einen Rahmen geschaffen hat, in dem ausländische Studierende und Wissenschaftler mit anderen ins Gespräch kommen konnten. Es wurde immer ein Thema vorgeschlagen, um die Unterhaltungen interessanter zu gestalten. An den Treffen nahmen zwischen fünf und fünfzehn Personen teil. Diese Maßnahme fand ich während des Teil-Lockdowns sehr hilfreich.

Deshalb bedauere ich es auch, dass ich nicht die Gelegenheit hatte, jemanden von der DAAD-Stiftung kennenzulernen, wie es wohl normalerweise der Fall gewesen wäre: zum Beispiel meinen Sponsor, jemanden aus der Organisation oder andere geförderte Studierende und Wissenschaftler. Ich hatte das Glück, dass mein Mann auf eigene Kosten mitgekommen und so während des Teil-Lockdowns bei mir war. Ich denke, dass diese Zeit alleine sehr viel schwieriger für mich gewesen wäre.

Mein Mann absolvierte ein Praktikum für seinen Masterstudiengang und nahm an einem Kurs teil. Auch er musste die meisten seiner Aufgaben von zuhause aus erledigen. In seinem Kurs gab es ein paar junge Leute, die aber aufgrund der Pandemie kein Interesse an persönlichen Treffen hatten. Meinen Mann hat die Möglichkeit, an virtuellen Treffen teilzunehmen, nicht angesprochen, also hat er es nicht getan. Das einzige nicht-virtuelle Treffen, zu dem wir eingeladen wurden, war eine von der Stadt Aachen organisierte Fototour durch die Stadt. Wir nahmen beide daran teil, hatten sehr viel Spaß und trafen einige ausländische und deutsche Studierende und Wissenschaftler.

Hinsichtlich meiner akademischen Aktivitäten konnte ich trotz der komplizierten Situation viel lernen. Viele der Gruppenmitglieder waren im Homeoffice und die Zusammenarbeit und die Fortschritte bei Projekten sind definitiv nicht mit der Arbeit in einem normalen Büro vergleichbar. Bis Mitte Oktober ging ich täglich ins Büro, dann wurde allen gesagt, dass wir dies vermeiden sollten. Danach war ich ein paar Tage in der Woche im Büro und ansonsten im Homeoffice. Anfang Dezember wurden wir alle aufgefordert, gar nicht mehr ins Büro zu kommen und ich arbeitete nur noch im Homeoffice.

Es fiel mir sehr schwer, zuhause zu arbeiten, da meine Mietwohnung dafür natürlich nicht ausgelegt war. Ich wusste zwar, dass ich gegebenenfalls zeitweise im Homeoffice sein würde, konnte mir aber keine dafür geeignete Wohnung mit einem richtigen Schreibtisch und einem ergonomischen Stuhl leisten. Da ich an Rückenschmerzen leide, ist mir das sehr wichtig. Ich hatte nur einen Esstisch, der kleiner als ein normaler Schreibtisch war und an dem ich natürlich auch gegessen habe. Außerdem hatte ich auch keinen externen Computermonitor. Das war zunächst ein großes Problem, weil der Bildschirm meines Laptops auf dem Flug kaputt gegangen war. Ich kaufte zwar einen neuen Laptop, aber ein großer externer Monitor ist doch komfortabler.

Hinzu kommt, dass es mir in einem Arbeitsumfeld deutlich leichter fällt, mich zu organisieren, als in meinem Wohnumfeld. Ich hatte auch die ganze Zeit über das Gefühl, dass ich die Gelegenheit verpasse, mit der Gruppe zusammenzuwachsen. Trotz allem verstehe ich, dass dem Infektionsschutz Priorität eingeräumt wurde.

Als Teil meiner Aktivitäten arbeitete ich mit dem Buch „All of Statistics“ von L. Wasserman und machte eine Reihe von Übungen, die Professor Marco Scavino ausgewählte und korrigierte. Dann begann ich, unter Anleitung von Professor Luis Espath zu arbeiten. Aus dem Buch „Data Analysis“ von D. Sivia lernte ich viel über Versuchsdesign. Mit Hilfe der Doktorarbeit „Bayesian optimization of experiments using stochastic gradient methods“ von A. Carlon befasste ich mit Optimal Experimental Bayesian Design. Außerdem befasste ich mich durch das Buch „The Finite Element Method“ von T. Hughes mit finiten Elementen. Dann analysierte ich und vollzog die Skripte über Bayesian Optimal Experimental Design (BOED) nach, die ich von Luis erhielt.

Ich arbeitete ein Skript für Simulationen bezüglich des Problems aus, für das ich mich besonders interessiere: die Verformung einer Platte innerhalb eines kurzen Zeitfensters, nachdem sie von einem Hagelkorn getroffen wurde, das die Endgeschwindigkeit erreicht hat. Zu diesem Zweck lernte ich, die Open-Source-Plattform Fenic mit Python zu verwenden. Der Ausgangspunkt des von mir entwickelten Skripts war ein Creative-Commons-Skript für die Zeitintegration von transienter Elastodynamik mit der generalisierten Alphamethode. Als letzten Schritt verband ich meine Simulationen mit den BOED-Skripten. Wir arbeiten weiterhin zusammen, um interessante Ergebnisse zu erzielen.

Ich glaube nicht, dass es eine Möglichkeit für mich gegeben hätte, mein Praktikum zu absolvieren und dabei den Lockdown zu vermeiden, zu dem es in der schlimmsten Phase der Pandemie kam. Deshalb war meine Erfahrung so gut, wie es unter den Umständen möglich war. Zum einen hatte die DAAD-Stiftung mir mitgeteilt, dass ich mein Praktikum vor dem 31. Januar 2021 abschließen müsse. Zum anderen hätte ich für ein späteres Praktikum meine Aktivitäten, die für ein frühes Stadium meiner Studien für meine Doktorarbeit gedacht waren, so anpassen müssen, dass sie in ein späteres Stadium passen.

Ich wollte auch Deutsch üben und das habe ich, jedoch nur oberflächlich. Ich hatte erwartet, meine Kenntnisse im Vergleich zu denen aus dem Unterricht in der weiterführenden Schule zu verbessern. Ich denke, es gelang mir lediglich, diese Kenntnisse wieder aufzufrischen. Das ist aber besser als Nichts, denn ich hatte die Sprache schon lange nicht mehr genutzt. Bei meinen ersten Überlegungen zum Praktikum hatte ich vor allem vorgehabt, an Aktivitäten an der Universität wie Sport- und Kunstgruppen teilzunehmen, bei denen ich im Alltag Kontakt zu deutschen Muttersprachlern hätte. Aber natürlich fanden diese Aktivitäten nicht statt.

Hinzu kam, dass nur drei Leute aus meiner Arbeitsgruppe fließend Deutsch sprachen und nur zwei von ihnen Muttersprachler waren. Die offizielle Gruppensprache war Englisch, da immer jemand ausgeschlossen worden wäre, wenn wir Deutsch gesprochen hätten.

Für Deutschkurse habe ich mich nicht interessiert, da sie teuer waren und ich in der Schule bereits mehrere Jahre lang Unterricht hatte. Ich hatte die einmalige Erfahrung erwartet, in eine Gesellschaft einzutauchen, die eine bestimmte Sprache spricht. Aufgrund der Pandemie waren aber alle Leute sehr distanziert. Mein Partner suchte nach einem Deutschkurs für Anfänger, aber alle Kurse fanden virtuell statt. Er war entmutigt, da die Kurse online stattfanden, teuer waren, erst lange nach unserer Ankunft begannen und nicht gut für das virtuelle Format vorbereitet waren.

Auch mit meinem Visum gab es Probleme. Uruguayer erhalten für Europa ein Touristenvisum für 90 Tage. Ich fragte beim deutschen Konsulat nach, wie die Zeit nach Ablauf meines Studentenvisums geregelt sei und man sagte mir, es würde automatisch verlängert. Meine Frage war sehr spezifisch. Ich erklärte, dass ich vorhätte, nach meinem Praktikum innerhalb Deutschlands zu reisen. Aufgrund von Corona blieb ich leider nur drei Tage (um meine Angelegenheiten in Aachen zu regeln). Bei meiner Abreise wurde ich am Flughafen von der Polizei angehalten, da mein Studentenvisum abgelaufen war. Mir wurde erklärt, dass das Touristenvisum nur aktiviert würde, wenn ich den Schengenraum verlasse und erneut einreise. Ich bin mir ganz sicher, dass die Mitarbeiter des Konsulats das nicht erwähnt hatten. Leider hatte ich meine Frage aber persönlich vor Ort gestellt, sodass ich keine Unterlagen habe, die dies belegen. Als ich sie nach dem Vorfall anschrieb, teilten sie mir mit, dass sie keine Verantwortung für erteilte Auskünfte übernehmen und dass ihre Informationen bezüglich der deutschen Vorschriften unverbindlich seien. Das hat mich schockiert. Sie behaupteten außerdem, das Problem mit dem Visum stehe in Zusammenhang mit Corona. Mein Gespräch mit der Polizei und meine Nachforschungen ergaben aber, dass dies nicht der Fall war.

Blasina Italiano Riesenrad

Privat

María Italianos Aufenthalt in Deutschland glich in seinem Auf und Ab einem Riesenrad.

Als Uruguayerin hatte ich einige interessante Alltagserlebnisse, die die Unterschiede zwischen dem Leben in den beiden Ländern zeigten. Ich werde die Beispiele nennen, die vermutlich nichts mit Covid-19 zu tun hatten. Fairerweise werde ich sowohl Dinge nennen, die besser sind als in Uruguay als auch Dinge, die schlechter sind.

Ich glaube, dass die Lebenshaltungskosten in Deutschland viel höher sind als in Uruguay. Ich mietete eine Wohnung, die in Hinblick auf ihre Lage und Ausstattung schlechter war, als meine Mietwohnung in Uruguay, zahlte dafür aber vier mal so viel Miete. Der Internetzugang kostete doppelt so viel wie in Uruguay und die Verbindung war schlechter. Für Elektrizität bezahlte ich in Deutschland acht mal so viel wie in Uruguay. Wenn es um Lebensmittel geht, ist die Spanne in Deutschland größer als in Uruguay. Isst man also sehr einfach, können Lebensmittel für einen Monat in Deutschland weniger kosten als in Uruguay. Eine Ausnahme ist Fleisch, das deutlich teurer ist als in Uruguay. Ich esse aber lieber wenig Fleisch und war von den vegetarischen Alternativen begeistert, die es in Deutschland gibt. Ich war auch von der großen Auswahl von tollem Käse zu günstigen Preisen beeindruckt. Außerdem freute ich mich über die frischen Champignons, die ich sehr gerne mag und die viel günstiger sind als in Uruguay.

Ich empfand Deutschland als zu bürokratisch. Das ist in Uruguay nicht anders, aber die Bürokratie gehört zu den Dingen, die mich an meinem Heimatland am meisten stören. Ich habe festgestellt, dass alle Austauschstudierenden und ausländischen Wissenschaftler in Deutschland in eine Sackgasse laufen, wenn Sie eine Wohnung suchen oder ein Konto eröffnen möchten: Um ein Konto zu eröffnen, muss man sich mit einer Adresse anmelden. Um Geld zu haben, braucht man ein Konto. Um nicht nur die Miete für den ersten Monat sondern auch die Kaution zu zahlen, braucht man eine Menge Geld, um das Dokument mit der Adresse zu erhalten, das man für die Anmeldung braucht.

Mit einer Airbnb-Wohnung kann man sich nicht anmelden, obwohl man bei Airbnb auch für mehrere Monate und vielleicht den gesamten Aufenthalt mieten kann. Die Anmeldung im Rathaus muss innerhalb von zwei Wochen nach der Ankunft erfolgen. Ich hatte großes Glück, dass mein Vermieter bereit war, mir die Bescheinigung und die Wohnungsschlüssel vor Zahlung der Kaution auszuhändigen. Die erste Rate meines Stipendiums erhielt ich einen Monat nach meiner Ankunft, ich musste also von Geld leben, das ich von meinem Konto in Uruguay abhob. Ich war auch enttäuscht, dass viele Briefe, die man in Uruguay per E-Mail erhält, nur mit der Post kommen. Weil die Briefkästen in meinem Haus innen waren, drückte der/die Briefträger(in) die Klingeln aller Wohnungen, um schnell ins Haus zu kommen und so klingelte es mehrmals täglich bei mir.

Etwas Anderes, das ich im Alltag beobachtete war, dass die Bedingungen für Fahrradfahrer in Deutschland viel besser sind, und ich fuhr meistens mit dem Rad. Ich kaufte so schnell wie möglich ein gebrauchtes Fahrrad und verkaufte es vor meiner Abreise wieder. Es sind nicht nur die Straßen und Ampeln für Fahrradfahrer besser geeignet, man findet auch immer leicht eine Stelle, um das Fahrrad festzuschließen. In Montevideo, wo ich wohne, sind Fahrradwege noch ein relativ neues Konzept und unzureichend. Schließt man ein Fahrrad an einem öffentlichen Platz an, ist außerdem die Gefahr sehr groß, dass es gestohlen wird. Ein großer Anreiz, mit dem Fahrrad zu fahren, ist allerdings auch, dass der öffentliche Nahverkehr viel teurer ist als in Montevideo. Vor allem, wenn man bedenkt, wie groß Aachen ist.

Eine tolle Seite von Deutschland sind die schönen Parks, die es überall gibt. Parks zu besuchen war eine schöne Aktivität und zum Glück auch während des Teil-Lockdowns erlaubt. Meine Besuche in den Parks sind eine schöne Erinnerung, die ich aus meiner Zeit in Deutschland mitgenommen habe. Die meisten meiner Erlebnisse, an die ich immer gerne zurückdenken werde, haben mit tollen Grünanlagen und alten Kulturstätten wie dem Rathaus zu tun.

Hinsichtlich der Arbeitsweise liegt der größte Unterschied meiner Meinung nach darin, dass die deutsche Gruppe stärker darum bemüht ist, ihre Forschungsergebnisse als Beiträge zu veröffentlichen. Das läuft in Uruguay langsamer ab. Ich glaube, dass deutsche Gruppen zielstrebiger sind und das empfinde ich als sehr positiv.

Was meine Zukunft angeht, bin ich derzeit froh, an meiner Universität in Uruguay zu arbeiten. Die Erfahrung, in Deutschland zu forschen, war sehr interessant und ich würde gerne von hier aus weiter mit der Gruppe zusammenarbeiten. Meine Doktorarbeit möchte ich aber wie geplant in Uruguay beenden. Ich habe drei wichtige Berufskontakte geknüpft und hoffe, eine professionelle Zusammenarbeit mit diesen Personen fortzusetzen. Außerdem habe ich zwei Freunde gefunden, mit denen ich hoffentlich in Kontakt bleiben werde.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es eine interessante Lebenserfahrung war. Ich weiß, dass die DAAD-Stiftung ihr Möglichstes getan hat, um mir eine tolle Chance zu bieten und dass die aufgetretenen Probleme außerhalb ihres Einflussbereichs lagen. Ich möchte mich ein weiteres Mal für die Gelegenheit bedanken, die für mich eine große akademische und persönliche Bereicherung war.

Stand: Januar 2021. Die englische Version ist das Original