Sophia Gräfe

Privat

Sophia Gräfe vor der Ausstellung Wissensstadt Berlin

"Mein virtueller Aufenthalt an der Princeton University hat meinen akademischen Weg nachhaltig geprägt. Inspiriert durch die wissenschaftliche Exzellenz und Gastfreundschaft des History of Science Department werde ich für eine internationale Zusammenarbeit eintreten."

Sophia Gräfe ist Doktorandin der Medien- und Wissensgeschichte des Verhaltens und konnte durch die Unterstüzung des Knapp-Stipendiums online ein Semester an der Princeton University, USA, Seminare besuchen und von dem Austausch mit FachkollegInnen profitieren.

Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen:

Im Frühjahr 2021 war ich als Visiting Student Research Collaborator (VSRC) am History of Science Department der renommierten Princeton University zu Gast. Aufgrund der COVID-19-Pandemie musste der Aufenthalt online stattfinden. Trotz dieser ungewöhnlichen Situation haben sich einige wichtige Erfahrungen und Erfolge ergeben.

Ich promoviere an der Humboldt-Universität zu Berlin zur Medien- und Wissensgeschichte des Verhaltens. Dabei konzentriere ich mich auf die deutschsprachige Verhaltensbiologie der 1950er und 1960er Jahre und untersuche, inwiefern in naturwissenschaftlichen Kontexten nicht nur fachbiologische Debatten um die natürlichen Grundlagen des Verhaltens geführt wurden, sondern inwiefern diese Forschungen auch in einem gesellschaftspolitischen Zusammenhang standen. Mein Interesse ist es, zu analysieren, mit welchen Forschungstechniken und -medien scheinbar allgemeingültiges Wissen über die Natur des Verhaltens erarbeitet und bald von Tieren auch auf den Menschen übertragen wurde.

Grundlage meiner Arbeit sind Archivforschungen im Nachlass des ostdeutschen Biologen Günter Tembrock (1918–2011). Während meines dreimonatigen Forschungsaufenthaltes in Princeton habe ich vor allem die historischen Zeichnungen, Filme und Fotografien des Biologen für meine Fragestellung ausgewertet.

Gräfe Buch 2

Hwa Ja Götz, MfN 2020

Ansicht eines Protokollbuchs von Günter Tembrock zum Verhalten von Rotfüchsen

Mein virtueller Aufenthalt an der Princeton University galt der Vertiefung meiner wissenschaftshistorischen Kenntnisse und der Internationalisierung meines Forschungsprofils. Prof. Erika Lorraine Milam, die meinen Gastaufenthalt betreute, ist ausgewiesene Expertin auf dem Feld der Biologiegeschichte. In ihren bisherigen Publikationen hat sie sich ebenfalls mit jenen politischen Kontexten der Verhaltensbiologie des 20. Jahrhunderts beschäftigt. Ihr berufliches Engagement schlägt zudem eine Brücke zwischen der Wissenschaftsgeschichte in Deutschland und Nordamerika. Unter anderem war sie bereits mehrfach als Fellow des Max-Plack-Instituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin tätig.

In dem von Prof. Milam angebotenen Kolloquium sowie in dem für alle Doktorand:innen des History of Science Department offen stehenden Program Seminar erhielt ich wöchentlich Einblick in die gegenwärtigen Forschungsschwerpunkte des Instituts. Inspiriert und angeleitet durch Frau Prof. Milam, aber auch durch die Forschungsprojekte der restlichen Doktorand:innen, habe ich meine Forschung in einem englischsprachigen Aufsatz aufbereitet. Das Paper wurde umfangreich durch die Kolleg:innen in Princeton lektoriert und mit hilfreichen Hinweisen versehen. Mein Textentwurf hat methodisch sowie stilistisch sehr von diesem Feedback profitiert.

Neben dem Doktorandenprogramm besuchte ich öffentliche Gastvorträge, Buchvorstellungen sowie die Jahrestagung des Instituts. Dabei haben mich der hohe technische Standard und das professionelle Management der nun ausschließlich online stattfindenden Veranstaltungen begeistert. Ebenso durfte ich ein sehr angenehmes und förderliches Diskussionsklima in den Veranstaltungen erleben. Ich werde einige der rhetorischen sowie auch technischen Aspekte dieses exzellenten Umgangs in meine zukünftigen Projekte integrieren. Ebenso hat mein Forschungsprojekt von der intensiven Diskussion auch internationaler Kontexte der Biologiegeschichte außerordentlich profitiert.

Die Zusammenarbeit mit Frau Prof. Milam wird nach dem Gastaufenthalt eine Fortführung finden. Schon im September dieses Jahres wird sie als Chair eines von mir organisierten Panels auf der gemeinsamen Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte (GTG) und der Gesellschaft für die Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMT) in Wien fungieren. Es ist zu erwarten, dass ich in naher Zukunft ein zweites Mal Princeton – und dann auch in Präsenz – besuchen werde.

Graefe Screenshot

Privat

Sophie Gräfe absolvierte ihren Aufenthalt in Princeton virtuell

Ich bin Frau Prof. Milam für die persönliche Betreuung meines Dissertationsprojektes während des Aufenthaltes dankbar, welche neben fachlichen Belangen auch immer die gegenwärtigen Herausforderungen der akademischen Arbeit unter Bedingungen der Pandemie berücksichtigte. Denn auch die akademische Arbeit ist stark von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Büros, Bibliotheken und Archive waren über Monate nicht zugänglich. Kongress- und Forschungsreisen mussten abgesagt werden, berufliche Netzwerke konnten sich nur über Telefon, das E-Mail-Fach oder Videokonferenzen entfalten. Das Department in Princeton hat bestmöglich versucht Ersatz für den Wegfall der sozialen Komponente geisteswissenschaftlichen Forschens zu bieten, indem in Veranstaltungen auch immer genügend Raum für Small Talk und einen Austausch über die persönliche Arbeitssituation gegeben war.

Ich bedanke mich herzlich bei Herrn Dr. Wolfgang Knapp für die Unterstützung meines Forschungsaufenthaltes sowie allen Mitarbeiter:innen der DAAD-Stiftung für die freundliche Administration meiner Bewerbung und Stipendiumszeit.

Stand: Mai 2021.